Das Tagebuch eines Praktikums oder: Wie Katinka „digital“ zur Kunst erhob.

Katinka Schneweis‘ „Lehrerpraktikum“ bei goldenebotschaft waren sehr spannende, stets gut gelaunte und unglaublich lehrreiche vier Wochen in unserem Agenturleben. Und das für beide Seiten. Als ehemalige Kunstlehrerin und inzwischen freischaffende Künstlerin und Coach beschloss sie im April auszuziehen, um die digitale Welt kennenzulernen und für sich zu erobern. Denn, obgleich ungemein kreativ und hungrig auf Neues (was prima zu uns passt), war sie zu Beginn ihres Praktikums nach eigener Aussage eines so gar nicht: digital. So fühlte sich ihre Ankunft bei uns im digitalisierten Agenturleben wie sie rückblickend sagt an, wie wenn ein Alien plötzlich auf der Erde strandet. Seither ist viel geschehen, und vieles ist anders. Denn, Katinka hat ganz viel Neues über die digitale Welt gelernt und wir, wir mit ihr – für und über uns. Zum Beispiel „Mit den Händen denken“, wie Katinka es nennt. Das bedeutet, durch gezielten Einsatz und Training der weniger dominanten Hirnhälfte (bei Rechtshändern i.d.R. die linke) Hirnkapazitäten frei zu machen und dadurch das eigene kreative Potenzial zu erweitern und zu fördern. Was Katinka in ihrer Praktikumszeit ansonsten noch von, mit und über uns sowie digitales Leben und Arbeiten gelernt und  mitgenommen hat, das hat uns Katinka mit einem wunderschönen Kunststückchen – ihrem Praktikumstagebuch –  in Worten und Bildern hinterlassen. Und dieses Tagebuch gibt’s im Folgenden in vollem Umfang zu lesen. Danke Katinka!

 

Tagebuch einer Künstlerin und Kunstdozentin zu Gast in einer Digitalagentur

Ein Kuckucksei in der goldenenbotschaft

…oder: „Der Versuch, eine digitale Mondlandschaft aufzuforsten“

Mitten in der dritten Welle der Corona Pandemie im Jahr 2021 fand ich zufällig eine Anzeige der Digitalagentur goldenebotschaft, in der sie nach Lehrerinnen und Lehrern suchte, die ein Praktikum zur Verbesserung ihrer digitalen Fähigkeiten machen wollten. Meine Lehrtätigkeit ruht zwar seit einiger Zeit und beschränkt sich im Grunde auf einige Aktivitäten an Kunstakademien, aber da diese seit geraumer Zeit geschlossen waren, wollte ich die Gelegenheit nutzen, um mich hinsichtlich digitaler Unterrichtsformen fort zu bilden. Eine zugegebenermaßen etwas befremdliche Vorstellung, aber ich wollte wissen, ob ich hier Möglichkeiten für eine Weiterentwicklung finden könnte.

Darf ich mich also vorstellen: Das bin ich.

Ich bin 51 Jahre alt und habe viele Dinge in meinem Leben gelernt und ausprobiert. Die letzten Jahre habe ich allerdings ein bisschen wie hinter dem Mond verbracht und wollte jetzt einen Einblick in die Welt der Datenströme im Internet bekommen. Ich bewarb mich für das Praktikum in der Digitalagentur und wurde zu meiner großen Freude angenommen.

Der erste Tag verlief glänzend. Ich fühlte mich sehr wohl in den Räumen der Agentur, hoch über den Dächern der Stadt, mit einem herrlich freien Blick bis zu den Alpen. Die Kolleg*innen nahmen sich viel Zeit, erklärten mir ihre Fachbereiche, zeigten mir, wie ich das interne Kommunikationsdingsbums nutzen kann und erzählten mir über die Ziele und den Alltag in einer Agentur. Schon am ersten Tag bekam ich viel Einblick und hatte den Eindruck, dass hier mächtig engagiert und motiviert gearbeitet wurde.

All die Möglichkeiten, die hier zur Bearbeitung digitaler Kommunikation genutzt wurden, erzeugten allerdings auch ein leises Gefühl von Verwirrung in meinem Kopf. Das war ja die reinste Budenzauberei, die hier veranstaltet wurde!

Ich stürzte mich daher dankbar auf einen konkreten Auftrag, den ich gleich bearbeiten sollte. Recherche im Internet zu einer Firma, die sich auf dem Markt absetzen und einzigartig positionieren wollte. Wenn ich nach einer konkreten Antwort suche, aber nicht genau weiß, wie ich an den Kern der Sache komme, habe ich mir angewöhnt, eine Zeichnung dazu zu machen. Ein bisschen so, wie wenn man während des Telefonieren auf einer Schreibunterlage herumkritzelt.

Die Erkenntnis, die ich in diesem Fall daraus gewonnen hatte, war, dass die Zielgruppe dieses Unternehmens offensichtlich besondere Menschen waren.

Der zweite Tag war ebenso informativ und interessant, wie der erste und ich wurde in ein laufendes Projekt mit eingebunden, um zu sehen, wie es von einer anfänglichen Idee zu einer Kampagne kommt, die über zwei Jahre laufen würde.

Ich war total begeistert von der Vorstellung, dass man dafür einen virtuellen Raum erstellt hatte, der nicht räumlich, sondern zeitlich zu verstehen war. Das war natürlich im Grunde ein alter Hut, es heißt ja auch Zeitraum, aber in der digitalen Welt (oder war das eher die virtuelle???), eröffnet das zusätzlich nochmal ganz neue Möglichkeiten und Visionen und sie werden, zumindest visuell, real. Oder ist eine visuell/ akustische Realität gar keine echte Wirklichkeit?

Aus der anfänglichen leisen Verwirrung in meinem Kopf wurde langsam ein Gefühl der völligen Verlorenheit in einem haltlosen Raum.

Worauf hatte ich mich da bloß eingelassen?

Ich fühlte mich wie bei der Rocky Horror Picture Show.

Lost in space and lost in time…

Mühsam versuchte ich, all die gewonnenen Eindrücke zu verarbeiten, Fragen zu klären, wo eigentlich der Unterschied zwischen digital und virtuell lag, die ganzen neuen Begriffe aus Betriebs- oder Anwendungssystemen zu sortieren, ganz zu schweigen davon, wie man etwas daraus verwendet.

Weit bin ich damit noch nicht gekommen, aber ich habe wieder Boden unter den Füßen und zumindest eine ungefähre Vorstellung davon, was für mich in der digitalen Kommunikation von Wert ist – und was nicht.

Ein Gespräch über die andauernde Bewegung, in der im Netz alles zu sein scheint, veranlasste mich, genauer darüber nachzudenken. Im Grunde war m.E. im analogen Leben auch immer alles in Bewegung. Nur gab es hier auch kleine oder größere Kapitel, die einen Anfang und ein Ende besaßen. Das erzeugte in mir den Wunsch, auch im Internet ein kleines Kapitel beizutragen, das dann wie eine kleine Kapsel durch Raum und Zeit der Datenströme schweben würde. Nur wie das konkret aussehen könnte, war mir noch ein Rätsel. Aber ich war mir sicher, das würde sich ergeben.

Die zweite Woche begann frustrierend. Irgendwie dachte ich, ich hätte bereits ein klare Vorstellung davon, worauf ich mich konzentrieren sollte, aber das war wohl ein Trugschluss. Trost war vorerst das Team, das mich weiterhin mit Informationen und Einblicken in ihre Arbeit versorgte und nicht müde wurde, meine Fragen zu beantworten.

Besonders inspirierend fand ich wiederum ein Gespräch über sogenannte schwarze Löcher im Netz, bzw. auf manchen Internetseiten. Dahinter verbirgt sich ein Zufallsgenerator, der dem User Informationen bzw. links vorschlägt, um den eigenen Horizont zu erweitern und dazu zu bewegen, sich auf Themenbereiche einzulassen, die er normalerweise nicht nutzen würde.Wie eine Fledermaus rast man dann durch die Datenströme, immer auf der Suche nach einer Erkenntnis oder Weisheit. Oder vielleicht auch nur nach irgendetwas, das einen begeistert oder überrascht.

Ja und dann gelangte ich bereits an meinen ersten Tiefpunkt. Um meine Workshops möglicherweise internet-tauglich abhalten zu können, wurde mir Miro empfohlen. Miro??? Was um alles in der Welt hatte der denn nun wieder damit zu tun? Völlig verwirrt starrte ich auf eine Strickzeichnung auf dem Bildschirm und spürte, wie sich meine Synapsen einfach nicht logisch miteinander verknüpfen wollten. Einen kurzen Moment später  realisierte ich, dass es sich in diesem Fall bei Miro nicht um den Künstler, sondern um ein Tool, bzw. einen virtuellen Workshop Raum handelte.

Ich dachte nur: Herzlich willkommen im 21. Jahrhundert!

Da wollte ich mich doch lieber wieder auf halbwegs sicheres Terrain begeben und ließ so lange Tusche übers Papier laufen und zu Bäumen wachsen, bis ich mich wieder einigermaßen zu Hause fühlte.

Dann spielte ich noch ein bisschen Hirameki, damit meine Gedanken wieder freie Bahn in meinem Kopf bekamen.

Und obwohl ich mich hier inzwischen wie der Wanderer im Nebelmeer fühlte, blieb ich zuversichtlich.

Zwar hatte ich die technische Umsetzung von irgendwelchen Ideen noch nicht begonnen, doch ich lernte langsam die Sprache dieser Freaks hier kennen und all die Ideen und Projekte, die mir die Kolleg*innen vorgestellt hatten, setzten etwas in mir in Bewegung.

Meine Gedanken kreisten immer noch um die Überlegung, wie oder ob oder warum ich meine Workshops digitalisieren könnte. Es gäbe so viele Möglichkeiten und auf meinen Erkundungstouren durch die verschiedenen Tools, Events und Plattformen drehte ich Schleifen und Kurven, nur um anschließend irgendwie immer wieder am Ausgangspunkt anzukommen.

Und jedes Mal, wenn ich zurückkehrte, stand da Mister Superschlau und rief: Halt! Hier geht es nicht weiter! Das war schon ein bisschen ärgerlich.

Aber wenn ich eins in meinem Leben gelernt habe, dann, dass ich diese miesen kleinen Besserwisser in meinem Inneren besser nicht dauerhaft ignorieren sollte.

Also versuchte ich, endlich vernünftig zu werden und mich an die Konkretisierung meiner Ideen zu setzen.

Mein Tagebuch sollte als Blog in die Homepage der goldenenboschaft eingefügt werden. Damit würde mein Projekt, das einen Anfang und eine Ende haben sollte, ganz einfach umgesetzt werden. Na ja, fast ganz einfach…

Und zweitens wollte ich mich daran machen, keine Workshops, sondern Kunst-Tutorials mit Hilfe der Miro Software zu entwickeln. Fehlte dann halt nur noch, dass ich mit dem Whiteboard umgehen lernte. Nur noch…

Mir schien, dass mir die Arbeit eines Ackergauls bevorstand.

Dabei wollte ich doch eigentlich nur noch Dinge in meinem Leben tun, die mir leicht fielen und für die mich nicht mehr so abrackern musste.

Ich beschloss daher kurzerhand, keinen Kartoffelacker oder gar einen Wald aus meiner digitalen Mondlandschaft zu machen, sondern eine Blumenwiese. Dieser Gedanke gefiel mir und ich machte mich zufrieden an die Arbeit.

Ein Kollege zeigte mir zielsicher, wie ich mein Tagebuch in der Homepage der goldenenbotschaft integrieren konnte. Ich bastelte damit herum, probierte aus, machte reichlich Unfug und experimentierte fröhlich mit den Funktionen, die mir hier geboten wurde. Ich begann, Spaß daran zu haben, herauszufinden, was ich alles damit machen konnte.

Nach dem Blog zeigte mir eine Kollegin noch, was ich mit dem Whiteboard Miro alles machen könnte. Auch damit begann ich zu spielen, um zu sehen, ob das möglicherweise Ideen und kreative Impulse in mir frei setzen würde.

In dem Augenblick, als ich erstens wusste, wohin ich wollte und zweitens die Entscheidung getroffen hatte, durch Spielerei zu lernen, begann mein Herz zu tanzen und mein Kopf zu funktionieren.

Ich konnte also am Ende meiner Reise feststellen, dass ich durch mein Praktikum der Gegenwart einen Schritt näher gekommen war.

Außerdem hatte ich Einblick in viele neue Bereiche bekommen und Neues ausprobiert, was ich ohne die Hilfestellung der goldenenbotschafter niemals gewagt hätte.

Ein Kuckucksei bin ich in der Agentur natürlich trotzdem geblieben, aber trotzdem war mir die Agentur hier wie ein Zuhause geworden und die Kolleg*innen sind mir sehr ans Herz gewachsen. Jetzt flattern lauter neue Gedanken durch meine Hirnströme, beflügeln meine Arbeit und ich bin gespannt, was sich daraus wieder Neues ergeben wird…

Aber jetzt geh ich erstmal wieder malen!


 

In eigener Sache bzw. unsere goldenebotschaft in Sachen ‚KATINKA SCHNEWEIS‘:

Für uns war die Zeit mit Katinka bei uns in der Agentur weitaus mehr als vier Wochen. Katinka und die goldenebotschaft werden auch weiterhin eng verbunden und in Kontakt bleiben. Und, wer weiß, kann gut sein, dass wir eines Tages mal wieder ein gemeinsames und dann vielleicht kein digitales sondern ganz analoges Projekt gemeinsam „mit den Händen“ angehen. Wem es als Leser dieses Praktikumstagebuches nun auch so geht, mehr wissen, lernen und über Katinkas Wesen, Werke und Wissen in Sachen Kunst erfahren zu wollen, dann möchten wir diejenigen hiermit mit wärmsten Empfehlungen auf Katinka’s Website verweisen: https://www.katinka-schneweis.de/.